Kirche Klein Winternheim

Die eigene Kirche

Für eine eigene räumliche Präsenz der Evangelischen Kirche auch in dem ursprünglich katholisch geprägten Klein-Winternheim hatte sich der Kirchenvorstand der evangelischen Kirchengemeinde Ober-Olm und Klein-Winternheim bereits in den 80er Jahren ausgesprochen.

Damals war noch nicht absehbar, dass die Gemeindegliederzahlen in den bevorstehenden Jahrzehnten so stark ansteigen würden, wie es nach dem Bezug der großen neuen Baugebiete in Klein-Winternheim der Fall war. Seit Jahren liegen sie konstant bei zirka 900 Gemeindegliedern.

Deshalb war es sinnvoll, dass die evangelische Kirchengemeinde, die immerhin „Ober-Olm und Klein-Winternheim“ heißt, einen Kirchenneubau erörterte und sich vornahm.

Der Umbau eines alten Scheunenobjekts in zentraler Ortslage in Klein-Winternheim bot sich als eine denkbare Variante an. Der Beschluss zur Übernahme der Scheune Schreiber wurde im September 2002 gefasst. Anfang 2004 wurde die Kirchengemeinde Ober-Olm und Klein-Winternheim handlungsfähig und offizieller Bauherr. Kurz vor Jahresende 2004 erteilte die Kreisverwaltung Mainz-Bingen die Baugenehmigung

An der Stelle einer alten Scheune entsteht die neue Evangelische Kirche

Irgendwie erinnert die Baugeschichte der Evangelischen Kirche in Klein-Winternheim an die biblische Weihnachtsgeschichte. Bei der Geburt Jesu Christi diente bekanntlich ein Stall als Herberge. Nun ließ die evangelische Kirchengemeinde auf den Grundmauern einer Scheune mit Stall eine zeitgemäße und eigene „Herberge“ in Klein-Winternheim errichten. Das Herzstück des neuen Hauses soll ein ‚Sakralraum’ sein, der von den Gemeindegliedern als ihre Evangelische ‚Kirche/Kapelle’ in Klein-Winternheim angenommen werden kann. Wichtig ist, dass die Räumlichkeiten multifunktional genutzt werden können. Lichtverhältnisse, Raumhöhe und künstlerisch gestaltete Glasfenster und Wandscheibe im Pfarrsaal sind nur einige Positionen, um den sakralen Charakter zu prägen. Auch müssen wir einen barrierefreien Zugang ermöglichen.

Gelungenes Werk findet gutes Ende

Die Einweihung der neuen Evangelischen Kirche in Klein-Winternheim fand am 27. Mai 2007 statt. Es war ein 111 Jahre langer Weg, so Dekan Jens Böhm in seiner Festrede, bis die evangelischen Christen 

dieser Kirchengemeinde in Klein-Winternheim eine eigene Begegnungsstätte zur Verfügung hatten. Die jahrelangen Anstrengungen und vielen Mühen fanden ein gutes Ende. Das Werk ist gelungen.

Glockenklang in Harmonie

Den Zuschlag für die Glocke bekam die Firma Rincker, von der auch die Glocken der Evangelischen Kirche in Ober-Olm stammen. Die Glocke wird mit dem Symbol eines nach oben geöffneten Kelches geschmückt. Er heißt „der Glaube“. Die Offenheit gegenüber Gott und den Menschen soll den Geist des neuen Hauses prägen.

Sakrale Einrichtung in Anmut und Würde

 „Spiel und Ernst – Anmut und Würde, in diesen Begriffspaaren bündelt sich für mich die künstlerische Arbeit.“ So kennzeichnet Claudia Breinl die Gestaltung des Altarraums durch den Bildhauer Werner Mally: Altar, Rednerpult und Taufskulptur einschließlich der „thermo-kinetischen Lichtobjekte aus zarten Holzspindeln. Eines der schwebenden Holzobjekte bildet zusammen mit einem 

Horizontalspalt in der Wand eine filigrane Kreuzform.“. Altar, Pult und Taufbecken wurden aus einem 200 Jahre alten Eichenstamm herausgearbeitet. Wir erlauben uns, auf einen Beitrag von Claudia Breinl in „SIEHE! Zeitgenössische Kunst in evangelischen Kirchen“ zurückzugreifen. „Mally stellt zwei aus demselben Eichenstamm geschnittene Winkelformen spiegelverkehrt aneinander. Die Maserung des Eichenholzes wird so noch deutlicher zum grafischen Muster. Eingeplant ist für die endgültige Gestalt des Altars eine natürliche Metamorphose des Materials: der Trocknungsprozess des Holzes wird dazu fuhren, dass sich die Horizontale des Altars leicht nach oben wölbt, so dass eine sanfte Konkave entsteht.“ Ein aufrechter Block bildet das Verkündigungspult. „Vertikale Einschnitte durchbrechen die Front, 

rhythmisieren ihn im Dreiertakt. Im Trio der Prinzipalstücke leitet dies formal über zur Taufskulptur. Wie sie sich leicht um ihre Taille dreht, übernimmt sie den heiteren Part im Ensemble. Ihr ausgehöhlter Leib ist ein blauer Schlund. Das Taufwasser in der passend geformten Schale aus Glasguss (eine Spende der Firma Schott-Glas aus Mainz) wird schimmern, als sei ein Stück Himmel eingefangen.“ „Die Kirche wirkt schlicht, einfach, fast leer und reich“, sagte Dekan Jens Böhm anlässlich der Einweihung über die Gestaltung des Kirchenraums im Obergeschoss. Sie biete gedanklichen Halt an den drei Holzkunstgegenständen des Bildhauers Werner Mally, lasse „dem Geist aber auch Luft und Raum“.

Eine Visualisierung von Licht

Mit der Gestaltung des modernen Kirchenfensters im Klein-Winternheimer Gottesdienstraum wurde das Gemeindehaus 2010 endgültig fertiggestellt. Die Glasfensterwand erhielt von Werner Mally den Titel „Entropie“ (2010). Um das gesamte Thema: „Gestaltung der südlichen Glaswand“ aus der Sicht des Künstlers zu verstehen, stellte Werner Mally Erläuterungen zur Verfügung: 

Bei dem Fenster für die Evangelische Kirche in Klein-Winternheim werden zwei gegenläufige Kraftfelder mit ihren Wirkungen spürbar: die der Konzentrizität und einer nahezu explosiven Streu-Punkte oder Ausschnitte implosiv auf eine nicht genau definierbare Mitte gerichtet zu sein, gleichzeitig entfernen sie sich, in dem sie zum Rand hin schneller und größer werden. Tatsächlich beruht die Komposition auf einem unsichtbaren Netz von kreisförmigen Linien, die sich von der wellenförmig waagrechten Linie in der Mitte nach oben und unten zunehmend aufbiegen und zum Rand immer breiter werden.Das gleiche Prinzip auf die senkrechte Ebene angewandt, lässt eine Gitterstruktur erahnen, deren Kreuzpunkte zu rautenartigen Ausschnitten werden. 

Die ausgeschnittenen Rauten werden aber nicht einfach weggelassen, sondern als „Trabanten“, Schatten oder Begleiter der Lichtöffnungen wieder verwendet. Trotz des graphisch reduzierten Eingriffs, entsteht die Vorstellung eines in die Tiefe gedehnten, „perspektivisch beschleunigten“, gekrümmten Raumes. Aber auch hier ist eine Paradoxie in der Wahrnehmung spürbar: Nähert man sich nämlich der mittleren Tafel mit der räumlich imaginär tiefsten Stelle, werden die Ein- und Aussichten in die Umgebung und in jenen vorgestellten Raum immer kleiner. Hält man sich dagegen am Rande auf, werden die Details der Außenwelt konkreter, plastischer und fassbarer.

Das Orgelspiel gehört zu der Verkündigung des Gottesworts

Es war ein großer Glücksfall, als der Kirchenvorstand erfuhr, die Luthergemeinde in Mainz sei bereit, ihre gebrauchte Truhenorgel zur Verfügung zu stellen. Ein kirchenamtlicher Orgelsachverständiger sprach dazu eine klare Empfehlung aus und so wurde mit der Luthergemeinde unbürokratisch und kurzfristig ein Übergabetermin vereinbart. Der Kirchenvorstand erhielt recht bald die Gelegenheit, diese Truhenorgel zu einem fairen Preis von der Luthergemeinde zu erwerben.

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